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07.12.2019
Hallo Freunde,
hier beginnt das Abenteuer Estepirat. Ich segel seit Jahrzehnten, lebe seit 2009 im Alten Land und wohne 3 km Luftlinie flußaufwärts der Estemündung knapp 500 m von der Este entfernt.
Mein alter Jollenkreuzer „kalumo“ liegt jede Saison im Jachthafen des AYC am Möwennest. Aber jedesmal wenn ich auf der Elbe bin oder im Hamburger Hafen und ein „Tuckerboot“ sah, wurde der Wunsch intensiver, ein solches Boot selber aufzubauen und zu nutzen. Zusätzlich gab es die seit Jahren wiederholte Aussage meiner Liebsten Monika „ Auf der Elbe fühl ich mich auf einem Segelboot nicht wohl, auf einem Motorboot würde ich mitfahren!“.
Und am 07.12.19 schlug das Schicksal zu. Nach längerer Bewegungspause mache ich erstmalig wieder die Fahrradrunde mit unserem Deutsch Drahthaar „Dana“ über die Wellenstrasse Richtung Hahnöfersand, da sah ich auf dem Grundstück eines der dort liegenden Wohn-/Bauernhäuser einen vollgeladenen Treckeranhänger, obendrauf ein (stark restaurierungsbedürftiges) Boot.
Auf dem Rückweg bin ich dann näher herangefahren, um mir das Teil anzusehen. Gleichzeitig kam ein PKW-Fahrerin vom Grundstück, die ich auf das Boot ansprach. Sie konnte mir aber die Kontaktdaten zum Eigentümer des Bootes nicht nennen. Also habe ich mehrere Zettel mit meinen Daten und der Bitte, mich zu kontaktieren, am Trecker und Bootsrumpf befestigt, denn ich hatte Sorge, das die Ladung entfernt und vernichtet würde und mir diese einmalige Chance entgehen würde.
Aber Not macht erfinderisch, Nachbarin Petra kennt alle und jeden, dachte ich mir und bin zu ihr hin. Nachdem ich ihr mein „Problem“ erzählt hatte, sagte sie „ich kenne jemanden der die Besitzer kennt, und ich glaube die wollen das auch loswerden, ich kann dir die Nummer besorgen“
14.12.2019
Am 12.12. hatte ich eine Nummer! Anruf! Mailbox! Aufgelegt, da ich mir nicht vorstellen konnte, mein Anliegen auf ein Band zu sprechen.
17:00 Rückruf von Andreas S., der mit der Aussage endete: „Nennen Sie mir einen Grund, warum ich ihnen das Boot geben sollte. Ich melde mich in einer halben Stunde wieder.“
Ich habe ihm meine Gründe genannt.
17:45 Rückruf von Andreas: Sie können das Boot haben!
Wir haben Details und meine Vorstellungen über den Transport und die Übernahme geklärt.
Jetzt mußte der Transport organisiert werden. Und auch da war die Nachbarschaft einfach unbezahlbar! Schon die Anfrage beim zweiten Nachbar Reiner am 13.12. endete mit der Feststellung: „Den Hänger zieh ich dir mit meinem Trecker auf dein Grundstück, und das Boot heben wir dann mit dem Gabelstapler ab und lagern es. Morgen um 10!“ Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.
Am 14.12. ging es dann los. Es hat alles super geklappt, der Vorbesitzer Andreas kam spontan auch noch dazu und der „Estepirat“ wurde mir mit Handschlag übergeben. Es gibt wohl auch eine Bootsnummer und Teile werden mir noch nachgereicht.
Das Boot soll 1971 gebaut worden sein und hat bei Andreas jetzt über 10 Jahre gelegen. Er wollte es auch renovieren, ist aber nie dazu gekommen. Jetzt habe ich DIE Chance.
Jetzt ist es aufgebockt. Ein kleines Maleur beim Rücktransport des Gabelstaplers ging glimpflich ab!
Geplant ist zunächst eine Grundreinigung mit dem Dampfstrahler, dann die Schadensdokumentatoon und Planung der Restaurierung.
Los geht´s!
16.12.2019
Heute kam der Dampfstrahler zum Einsatz. Dann habe ich die Beschläge, soweit möglich, abgebaut. Nachdem das ganze Dreckswasser aus der Bilge ausgeöst war habe ich erst mal eine Fotoserie gemacht und die Schäden dokumentiert. Da gibt es einiges zu tun.
21.01.2020
Vier Wochen später. Weihnachten mit unseren Kindern war perfekt. Der Jahreswechsel entspannt.
Was hat sich am Boot getan? Zunächst einmal habe ich eine alte Plane zugerichtet, geschnitten und dann mit neuen Ösen versehen, somit kann ich das Boot vor längeren Regenperioden abdecken. 2-3 Tage Altländer Regen bedeuten ca. 90 – 110 Liter, die ausgeöst werden müssen. Dann wurde mit Leidenschaft der Schwingschleifer eingesetzt, jetzt ist die backbordseitige Rumpfhälfte zu 60 % freigelegt. Am Ende mußte ich feststellen, daß sich am hinteren Ende des Kiels sich Wasser aus einem Defekt im Gelcoat entleert! Hier muss also später ein Fenster geschnitten werden um den Holzkern? zu begutachten. Evtl. eine problematische Baustelle. Neues Werkzeug und Zubehör wurde angeschafft, ich mache auch eine exakte Buchführung über Kosten und Zeitaufwand.
Dann plane ich schon, wie ich nach dem Abschleifen des Rumpfes das Boot in stabile Seitenlage bringe um den letzten Rest von Farbe abzuschleifen und vor allem auch den Kiel endlich kritisch begutachten und wieder instandsetzen zu können.
Ein besonderes Highlight ist mir über den Jahreswechsel gelungen. In einer meiner frühen schlaflosen Morgenstunden habe ich bei ebay Kleinanzeigen ein völlig intaktes, perfekt zum Bootsstil passendes Ruder, angeboten im Raum Chiemsee, entdeckt und „schiessen“ können. Für einen minimalen Preis habe ich mir damit die Arbeit und Logistik und den finanziellen Aufwand für den Neubau desselben ersparen können. Als einziges muss ich die Beschläge zur Besfestigung am Spiegel kaufen. Und da ist leicht dranzukommen.
Dieses WE ist eine 4-Tages-Auszeit mit meiner LIebsten auf Sylt geplant, danach geht es weiter. Und ich muss auch noch den Rumpf meiner kalumo für die nächste Segelsaison präparieren. Bis bald!
04.02.2020
Und es wird geschliffen!! Mittlerweile ist der Rumpf backbord zu 2/3, der Spiegel ganz und der Rumpf steuerbord zur Hälfte bearbeitet. Zwischenzeitlich wurde der Werkzeugbestand erheblich erweitert. Auch arbeite ich jetzt in einem professionellen Schutzanzug, nachdem ich mehrere Einmalartikel wegen Nichtbelastbarkeit weggeschmissen habe.
Zeitkonto bis jetzt: 25,45 Std.
29.02.2020
Um die nicht erreichbaren Rumpfanteile zugängig zu machen muß der Rumpf umgelagert werden. Zunächst habe ich das Profil der Kante und Scheuerleiste genommen und aus Vierkanthölzern ausgesägt. In einer neuen Aktion mit Hilfe der Nachbarn und unter Einsatz des Gabelstaplers wird der Rumpf auf die Kante gestellt.
Zeitkonto bis jetzt: 30 Std.
Jetzt gibt es eine Pause, ich geh in eine Reha, und der Jollenkreuzer muss auch noch Saisonfertig gaufbereitet werden.
28.03.2020
Ich bin noch in der Reha. Corona hat die Welt auf den Kopf gestellt. Sämtlich Wassersportaktivitäeten sind eingestellt, die Stege sind noch nicht im Wasser, alle Vereinsboote noch auf dem Land. Gottseidank stehen meine Boote auf meinem Grundstück und ich werde in Ruhe arbeiten können. Allen Vereinsmitgliedern ist jegliche Aktivität in der Bootshalle untersagt!
Ich habe die Zeit genutzt und mich schlau gemacht, was die für die Renovierung erforderlichen Materialien betrifft. Sehr hilfreich ist die Firma von der Linden, die mir eine komplette Liste der benötigten Materialien erstellt hat. Von der Menge her ist das schon ein ordentlicher Batzen. Ich hatte den Arbeitsaufwand und die Materialien schon großzügig abgeschätzt, aber die Leute sind halt vom Fach und ihre Zahlen sind wohl richtig kalkuliert. Schluck! Das ist ne Hausnummer. Die Renovierungsschritte wurden schon definiert und ich habe einen echt guten Tipp für die Erneuerung des Spiegels und des Vordecks (COOSA-Platte) bekommen. Es gibt also viel zu tun in diesem Sommer.